Schlitze und Aussparungen in Mauerwerkswänden – Anforderungen, Fachregeln und normgerechte Ausführung

Erstellungsdatum:

Schlitze und Aussparungen in Mauerwerkswänden sind essenziell für die Integration haustechnischer Installationen, wie Elektro- und Sanitärleitungen. Bereits im Rohbau oder durch nachträgliche Bearbeitung entstehen so Durchführungen, die jedoch unweigerlich die statischen und bauphysikalischen Eigenschaften des Mauerwerks beeinflussen. Die sach- und fachgerechte Planung und Ausführung dieser Schlitze und Aussparungen ist daher von zentraler Bedeutung, um die Tragfähigkeit, den Schall- und Brandschutz sowie die bauphysikalische Qualität der Wand zu gewährleisten. Grundlage für die Ausführung bilden die DIN EN 1996-1-1 und der zugehörige nationale Anhang DIN EN 1996-1-1/NA sowie die DIN 4103-1 für nicht tragende Trennwände.

Installationszonen und Dimensionierungen

Die Anforderungen an Schlitze und Aussparungen unterscheiden sich wesentlich je nach Funktion der Wand. In tragenden und aussteifenden Wänden sind lediglich Schlitze und Aussparungen zulässig, die die in den Tabellen NA.19 und NA.20 der DIN EN 1996-1-1/NA festgelegten Grenzmaße einhalten. Werden diese Werte überschritten, ist zwingend ein Standsicherheitsnachweis erforderlich. Horizontale und schräge Schlitze in tragenden Wänden dürfen beispielsweise nur im Bereich von maximal 40 cm oberhalb oder unterhalb der Rohdecke und jeweils nur einseitig angeordnet werden. Bei Wanddicken unter 175 mm sind solche Schlitze generell unzulässig. In dickeren Wänden dürfen horizontale Schlitze bis zu einer Tiefe von 25 mm ausgeführt werden, wobei bei Wanddicken über 300 mm sogar Schlitztiefen bis 30 mm erlaubt sind. Die zulässige Tiefe ist grundsätzlich abhängig von der Schlitzlänge und der Wanddicke.

Vertikale Schlitze, die nachträglich hergestellt werden, dürfen je nach Wanddicke bis zu 30 mm tief und maximal 200 mm breit sein. Werden die Schlitze bereits beim Mauern in den Verband integriert, sind breitere und tiefere Schlitze möglich. Allerdings sind auch hier Mindestabstände zu Wandöffnungen einzuhalten, da die Tragfähigkeit sonst unzulässig geschwächt wird. In jedem Fall muss die verbleibende Restwanddicke aus statischen Gründen mindestens 115 mm betragen. Besonders problematisch ist die Kombination von vertikalen Schlitzen mit hohen Querschnittsschwächungen und geringen Abständen zu Tür- oder Fensteröffnungen, da in diesen Bereichen die Lastabtragung und die Stabilität der Wand besonders beansprucht werden.

Nicht tragende innere Trennwände unterliegen weniger strengen Anforderungen an die Standsicherheit, müssen jedoch nach DIN 4103-1 in der Lage sein, horizontale Kräfte aus beispielsweise Türstößen aufzunehmen. Auch hier sind Schlitze ab Wanddicken von 70 mm zulässig, wobei die Schlitztiefen auf 10 mm begrenzt sind. Größere Schlitze dürfen erst ab Wanddicken von 175 mm ausgeführt werden. Um die Biegetragfähigkeit nicht unzulässig zu schwächen, sollten horizontale Schlitze bevorzugt in Randbereichen, also nah an der Decke oder dem Fußboden, angeordnet werden.

Ein weiterer zentraler Aspekt betrifft die Auswahl geeigneter Werkzeuge. Nachträglich hergestellte Schlitze dürfen nur mit präzisen Mauernutfräsen oder vergleichbaren Werkzeugen ausgeführt werden, um eine saubere Schnittführung und exakte Einhaltung der zulässigen Maße zu gewährleisten. Das unsachgemäße Stemmen, insbesondere mit grobem Werkzeug, zerstört das Mauerwerksgefüge und führt zu unkontrollierten Schwächungen, die nicht mehr den normativen Vorgaben entsprechen.

Schutzanforderungen

Neben den statischen Belangen sind die Auswirkungen von Schlitzen und Aussparungen auf den Schallschutz nicht zu unterschätzen. Jede Querschnittsschwächung verringert die flächenbezogene Masse der Wand und damit ihre Schalldämmung. Dies ist insbesondere bei Wohnungstrennwänden von Relevanz, da hier erhöhte Schallschutzanforderungen gelten. Größere Schlitze oder Aussparungen, beispielsweise für Zählerschränke oder Installationsschächte, wirken sich spürbar negativ auf den Schallschutz aus. Um Körperschallübertragungen zu vermeiden, sollten Installationsleitungen im Idealfall vollständig schallentkoppelt in Vorwandinstallationen verlegt werden.

Auch die Anforderungen des Brandschutzes spielen eine maßgebliche Rolle. Tragende und nicht tragende Massivwände aus Mauerwerk erfüllen grundsätzlich hohe Anforderungen an den Feuerwiderstand. Schlitze und Aussparungen, die die Grenzmaße der DIN EN 1996-1-1 einhalten, beeinträchtigen den Brandschutz nicht. Werden jedoch größere Aussparungen hergestellt oder Restwanddicken unterschritten, kann dies die Feuerwiderstandsdauer erheblich verringern. Besondere Sorgfalt ist bei gegenüberliegenden Dosen oder Schächten in Wohnungstrennwänden geboten, da hier Brandschutzmaßnahmen, wie beispielsweise brandschutztechnische Bekleidungen, erforderlich werden können.

Abschließend ist der Wärmeschutz zu berücksichtigen. Nach DIN 4108-2 sollten wasserführende Leitungen grundsätzlich nicht in Außenwänden verlegt werden, da hierdurch Wärmebrücken entstehen und das Risiko von Leitungsvereisungen besteht. Werden ausnahmsweise Installationsschlitze in Außenwänden notwendig, ist die Wärmedämmung an dieser Stelle entsprechend zu verstärken.

Fazit

Zusammenfassend zeigt sich, dass die fachgerechte Herstellung von Schlitzen und Aussparungen im Mauerwerk ein hohes Maß an bautechnischem Fachwissen erfordert. Die statischen, schallschutztechnischen, brandschutztechnischen und bauphysikalischen Wechselwirkungen müssen bei der Planung und Ausführung zwingend beachtet werden, um die Funktionsfähigkeit und Dauerhaftigkeit der Wandkonstruktion sicherzustellen. Die vorstehenden fachlichen Erläuterungen basieren auf dem Merkblatt „Schlitze und Aussparungen“ der Deutschen Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau e.V. (DGfM) und den aktuellen bauaufsichtlich eingeführten Normen.

Verfasser: FACHVERSTAND Sachverständigenbüro

error: